Das Maßnahmen-Kabinett: Wann sind die Einschränkungen vorbei?

Veröffentlicht am 8. Juli 2021 um 23:02

BERLIN | Die Neuinfektionen gehen runter, ein Impfangebot kann inzwischen jedem gemacht werden, der an einer Schutzimpfung gegen das Coronavirus interessiert ist. Genau genommen sind wir in Deutschland allmählich an der Stelle angekommen, die seit Monaten - nicht zuletzt immer wieder von Bundesminister Jens Spahn - zur Voraussetzung für den Weg zurück zur Normalität gemacht wurde: "Wir müssen jedem Bürger und jeder Bürgerin ein Impfangebot machen können". Erst dann könne sicher gelockert werden, so der Bundesgesundheitsminister noch vor wenigen Wochen. Jetzt, wo das Ziel nahezu erreicht ist, springt er auf den nächsten Zug auf: "Wir müssen nun auch die Kinder impfen, damit wir zurück in Präsenzunterricht kehren und darüber hinaus sicherstellen können, dass die Schulen im Herbst nicht wieder geschlossen werden müssen", lautet der Wortlaut im ungefähren. Er bindet weitere Lockerungen - diesmal eben in Form des Impfens von Kindern - also an neue Ziele, die er erneut zur Voraussetzung für die zuvor großräumig angekündigten Lockerungen ("Öffnungsschritte") macht. Es scheint schon fast, als verfolge der Bundesgesundheitsminister einen ihm vorgeschriebenen Aktionsplan, den er unter keinem Umstand umgehen kann - auch dann nicht, wenn es richtig und vor allem verhältnismäßig wäre. 

►Niemand muss die Menschen vor sich selbst schützen!

Der Bundesregierung sollte allmählich deutlich gemacht werden, dass sie einerseits nicht dafür zuständig und andererseits auch gar nicht erst befugt ist, die Menschen vor sich selbst zu schützen. Wer sich nicht impfen lassen, stattdessen lieber das Risiko eingehen möchte, sich mit dem Coronavirus zu infizieren, soll das doch bitte tun dürfen. Welches Recht hat der Staat, diesen und insbesondere auch den bereits geimpften Menschen weiter vorzuschreiben, welche Regeln diese zu befolgen haben, um sich quasi vor sich selbst zu schützen? Die Antwort liegt auf der Hand: KEIN Recht hat die Bundesregierung für ein solches Vorgehen, das nicht nur ungerecht gegenüber den Geimpften ist, sondern zudem nicht mehr der Situation entsprechend ist - etwa angesichts einer Inzidenz von 5,2 und einer stetig steigenden Impfquote.

►Kinder benötigen nicht zwingend eine Schutzimpfung

Interessant an der aktuellen Debatte um das Impfen von Kindern ist, dass Kinder nicht zwingend gegen das Coronavirus geimpft werden müssen. Denn ihr Risiko, schwer an Covid-19 zu erkranken, liegt, sofern sie nicht unter Vor- oder Autoimmunerkrankungen leiden, praktisch unter null - NULL. 

Interessant ist außerdem, dass es nicht an den ach so vielen Infektionen unter Kindern lag, als im Dezember des vergangenen Jahres alles Schulen zum wiederholten Mal dichtmachen mussten. Als die Kinder wiederholt zu Hause hocken mussten, sogar angehalten wurden nicht einmal an die frische - aber von Aerosolen verseuchten - Luft zu gehen. Als unsere Kinder zum wiederholten Mal ohne Unterricht daheim saßen, da die digitale Infrastruktur in Deutschland miserabel ist. Als die Bundesregierung lieber in Auftrag gab, das baldige Ausbauen der Infrastruktur anzukündigen, statt endlich in Auftrag zu geben, diese auch endlich mal auszubauen. Als Kinder dann Monate später zwar in die Schulen zurückkehren durften, jedoch geteilt und mit strikter Maskenpflicht im Unterricht, da die seit einem Jahr versprochenen Luftfilter noch immer nicht eingebaut werden konnten beziehungsweise  überhaupt erstmal beschaffen.

►Jetzt müssen Taten folgen, nicht noch mehr Worte!

Die Bundesregierung hat auf ganzer Linie versagt. Es liegt nun an ihr, sich dieses Versagen auf allen Ebenen auch einzugestehen und die gemachten Fehler best- und vor allem schnellstmöglich zu beheben.

taz, fnw